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EU-Lieferkettenrichtlinie

In den letzten Jahren war der Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) vor allem bei den Sitzungen der Europäischen Betriebsräte von Unternehmen mit Sitz in Deutschland im Fokus.

Dieses umfangreiche deutsche Wort sorgte zunächst für Stirnrunzeln in den Dolmetscherkabinen, insbesondere für jene Dolmetscherinnen und Dolmetscher, die es in Sprachen übertragen mussten, in denen ein ganzer Satz erforderlich ist, um zu erklären, was die deutsche Sprache mit einem einzigen Wort ausdrücken kann.

Mittlerweile hat sich auch die Europäische Union mit dem Thema der menschenrechtlichen und umweltbezogenen Sorgfaltspflichten für eine verantwortungsvolle Unternehmensführung beschäftigt.

Am 15. März haben die EU-Mitgliedsstaaten  mit qualifizierter Mehrheit für die europäische Lieferkettenrichtlinie, die sogenannte Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) gestimmt.

Diese Richtlinie hat sich zum Ziel gesetzt, europaweit eine nachhaltige und verantwortungsvolle Unternehmensführung bei weltweit agierenden Unternehmen zu fördern. Gleichzeitig will man auch gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle EU-Unternehmen schaffen, die weltweit Profite erwirtschaften.

Die Richtlinie stellt ein entscheidender Meilenstein für den Schutz von Menschenrechten, Umwelt und menschenwürdiger Arbeit, vor allem gegen Kinder- und Zwangsarbeit dar.

Um in Kraft zu treten, braucht diese Richtlinie noch die Zustimmung des EU-Parlaments. Danach werden alle EU-Mitgliedstaaten verpflichtet sein, sie in nationales Recht umzusetzen. Somit wird dieses Thema uns in zahlreichen Sitzungen noch begleiten.

Wie nennt man diese Richtlinie in einigen EU-Sprachen:

EN Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD oder CS3D)

FR Directive sur le devoir de vigilance des entreprises (CSDDD oder CS3D)

ES Directiva sobre Diligencia Debida de las Empresas en materia de Sostenibilidad (DDDES)

IT Direttiva UE sulla due diligence delle imprese in materia di sostenibilità (CSDDD oder CS3D)

Revision der EBR-Richtlinie

Am 2. Februar 2023 hat das Europäische Parlament in seinem Plenum den legislativen Initiativbericht zur Revision der Richtlinie 2009/38/EG (EBR-Richtlinie) beschlossen.

Die Europäische Kommission hat somit bis zum 31. Januar 2024 Zeit, einen Vorschlag für die Überarbeitung der EBR-Richtlinie vorzulegen „um deren Ziele, Begriffsbestimmungen und Verfahren zu präzisieren, das Recht der Arbeitnehmervertreter auf Unterrichtung und Anhörung, insbesondere während Umstrukturierungsprozessen zu stärken“.

Die erste Phase der Anhörung der europäischen Sozialpartner seitens der Europäischen Kommission hat bereits im April 2023 begonnen.

Das Europäische Parlament betont dass, „gut funktionierende Europäische Betriebsräte eine wichtige Rolle spielen, wenn es darum geht, die ordnungsgemäße Verwaltung multinationaler Unternehmen sicherzustellen“ .

Die Überarbeitung der Richtlinie soll folgende Ziele verfolgen:

  • Sicherstellung einer rechtzeitigen und aussagekräftigen Anhörung
  • Stärkung der subsidiären Vorschriften
  • Präzisierung des Geltungsbereichs der Vertraulichkeit
  • Verbesserung der Streitbeilegung
  • Einführung wirksamer, abschreckender und verhältnismäßiger Sanktionen
  • Beendigung der Ausnahmeregelung für Vereinbarungen aus der Zeit vor der Richtlinie
  • Sicherstellung des Zugangs zur Justiz

Wir von EBR-DOLMETSCHEN sind gespannt auf den Vorschlag der Kommission und stehen immer bereit Unternehmen und Betriebsräte bei Ihrem Dialog zu unterstützen.

 

Quellen

https://germany.representation.ec.europa.eu/news/mehr-rechte-fur-beschaftigte-kommission-startet-anhorung-der-sozialpartner-zu-europaischen-2023-04-11_de

https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/TA-9-2023-0028_DE.html

Rückblick auf die Geschichte der Mitbestimmung in Europa

Die Europäische Union hat am vorletzten Wochenende ihren 60. Geburtstag gefeiert. Immer häufiger wird sie für das Elend unserer Welt (entfesselte Globalisierung, steigende Arbeitslosigkeit usw.) und für die strengen Sparmaßnahmen nach der Krise verantwortlich gemacht.

Mit diesem Beitrag möchten wir uns davon abwenden und stattdessen ihre Verdienste und Erfolge feiern, angefangen bei der Mitbestimmung.

Schon der Gründung der EU standen Werte wie Solidarität, Beteiligung, Freiheit und Demokratie zugrunde.

Das Ziel der Römischen Verträge war gemeinsam zu mehr Wohlstand zu gelangen. Aus diesem Grund maßen die Gründungsmitglieder der EWG dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) großen Wert bei. Wirtschaft- und Sozialpolitik stellten einen wichtigen Baustein im europäischen Konstruktionswerk dar.

Auch die Idee der Mitbestimmung stand schon vor 60 Jahren an der Wiege der europäischen Einigung und wurde mit der Zeit stetig weiterentwickelt. So hat das im EU-Vertrag von Maastricht (1992) verankerte Sozialpartnerverfahren gesetzgeberische Mitwirkungsbefugnisse der EU-Sozialpolitik gewährt.

Um tatsächlich das Ziel des Fortschritts und Zusammenhalts zu erreichen, musste man aber auch Unternehmen mit einbeziehen. Es folgte also im Jahre 1994 die Europäische Betriebsratsrichtlinie (EBR), die den europäischen Arbeitnehmern zum ersten Mal ermöglichte, in grenzüberschreitend tätigen Unternehmen der Europäischen Union, eigene Arbeitnehmervertretungen zu bilden. So begann die Erfolgsgeschichte der europäischen Betriebsräte, die einen wichtigen Beitrag zum sozialen Dialog innerhalb Europas leisten.

Das Recht auf Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer wurde im Jahr 2000 als garantiertes, geschütztes Grundrecht in der EU-Grundrechtecharta verankert und wurde mit dem EU-Vertrag von Lissabon rechtsverbindlich.

Die Mitbestimmung hat in jedem Land der EU verschiedene Ausprägungen, dennoch garantiert sie die faire Konfliktgestaltung und den Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

Wenn die EU das Vertrauen der europäischen Bürger zurückgewinnen will und den populistischen Kräfte in der Gesellschaft entgegenwirken will, muss sie sich verstärkt zu den Beteiligungs- und Mitbestimmungsrechten und zur Stärkung der sozialen Grundrechte bekennen.

Jedenfalls wünschen wir der EU alles Gute zum 60. Geburtstag!